Alexandertechnik Workshop – 21. und 22. April

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Ich stehe ruhig. Ein kleiner Wind weht von Norden, meine Atmung nimmt den Impuls auf und lenkt den Oberkörper gen Süden. Knie, Hüfte und Fußgelenke fangen die Schwingung auf und führen sie in eine neue Bewegung.
Wir haben unseren Alexandertechnik-Workshop. Gemeinsam mit Guido Ingenday sind wir mitten im Schönbuch, einem riesigen Waldgebiet zwischen Tübingen und Stuttgart.
Bei Alexandertechnik geht es um Bewegung. Und um mehr. Zum Beispiel um die Beweggründe: „Warum bin ich hier? Was ist meine wirkliche Motivation, mein Antrieb, der Beweggrund, warum ich jetzt hier stehe?“ Es geht darum diese innere Kraft, die einen durchstömmt fließen zu lassen.
„Wo kollidiert diese Kraft manchmal mit anderen Dingen? Wo kommt sie ins Stocken?“, sind die nächsten Fragen, die eine Weile „mitgehen“.
Der Körper ist immer in Bewegung, auch wenn er steht oder sitzt. Die Alexandertechnik gibt der Bewegung freien Fluss, in dem sie Versteifungen wahrnimmt, löst und den Fluss nach der Entfesslung zu lenken erlernt. „ Die beste Atmung ist die, die man nicht kontrolliert“.
Und jetzt kommt das Erstaunliche: Wir kontrollieren ohne es zu bemerken. Durch gezielte Übungen und immer wieder auch durch seine Hände, die unseren Kopf führen, lenkt Guido die Aufmerksamkeit auf diese Stellen, an denen unsere Muskeln, ohne das wir es bemerken unnötige Arbeit leisten. „Alexandertechnik nimmt die Ziegelsteine weg, die wir unbewusst mit uns herumschleppen.“
„Wir brauchen die Schultern nicht zum stehen.“ Dass dieser Satz nicht so banal ist, wie er klingt wird mir erst bewusst, als mir Guido in verschiedenen Situatonen immer wieder durch Übungen bewusst macht, dass ich die Schultern unbewusst anspanne.

Wir lernen trotz Rucksack einen aufgerichteten Gang. Das Gewicht liegt auf der Hüfte, die Wirbelsäule streckt sich in ihrer verlängerung zum Himmel und der Kopf sitzt frei beweglich oben drauf. Die Arme können spannungslos neben dem Körper hängen und den Gang beschwingen. Auch die Beine können entspannt und weich bleiben, denn der Rumpf ist der eigentliche Gewichtsträger.
Der Rucksack ist kein Fremdkörper, sondern unser wärmendes Fell und nährendes Gut. Er wird zu unserem Eigengewicht und wir können lernen, mit ihm zu verschmelzen und mit ihm wie eine galante 100 kg Tänzerin von Stein zu Stein zu springen.
Wir achten darauf, das Gewicht auf der Hüfte zu tragen, einen wärmenden und nährenden Schwimmring. Ein Gurt über der Brust befreit die Schultern von der Last.
Unsere Gelenke können nicht einrasten. Wir machen unsere Gelenke, unseren Stand, unseren Gang wieder durchlässig für die Bewegung. Wir gehen gerade und aufrecht, mit federnden Knien, beweglicher Hüfte, entspannten Knöcheln. Die Arme schwingen leicht.

„Nicht korrigieren, sondern einfach nur wahrnehmen und experimentieren und dann nach und nach das Unnötige loslassen.“ Einfach, ist leicht gesagt, denn es geht schließlich um die Haltung, die innere, wie die äußere und die zu ändern braucht Zeit. Schon kurz nach den Übungen falle ich immer wieder in die alten Gewohnheiten. Spanne irgendwo etwas an, was ich nicht brauche.
Wenn ich Impulsen nicht folge, stauen sie sich auf. Um meine Authenzität zu wahren, nicht das Gefühl zu haben, dass innen und außen nicht übereinstimmen, drücke ich zurückgehaltenen Impulse weiter nach unten: Ins Unterbewusste, Unbewusste und schließlich in den Körper. Dort machen sie sich dann breit: Wütende, wachsende Mengen, die meinen Energiefluss verstopfen. So verliere ich den Bezug zu mir selbst, zu Freiheit und Kreativität. Zum Lebensfluss.
Darum geben wir uns die Erlaubnis, Impulsen zu folgen. Ich möchte das, was ich fühle mir und meinem Gegenüber zumuten können. Darauf vertrauen, dass er ebenso umsichtig mit seinen Impulsen umgeht und sie wiederum mir anvertraut und anvertrauen kann. Möchte ich ein Gefühl in all seiner Grobheit und Ungehemmtheit frei lassen, ohne in eine tatsächliche Auseinandersetzung gehen zu wollen, kann ich in den Wald schreien. Das Vertrauen bedingt die Ehrlichkeit und die Ehrlichkeit bedingt das Vertrauen. Für unsere kleine intensive Gruppe ist es mir wichtig, beides in Fluss zu bringen und mal mehr und mal weniger behutsam dort zu halten.

Den zweiten Tag verbringen wir mit Guido in einem Stuttgarter Park. Als eine Horde kleiner Kinder uns mitten im Gespräch unterbricht und uns um einen Gefallen bittet, wird danach die Gelegenheit genutzt und reflektiert: „ Wie hat jeder einzelne von uns sich gerade geleitet und wie entscheiden wir gemeinsam?“ „Treffe ich einfach Entscheidungen, ohne die Gruppe zu fragen?“, „Gebe ich die Verantwortung ab und warte, dass andere entscheiden?“, „Kommuniziere ich meinen Standpunkt?“, „Bin ich sauer, weil von den anderen kein Wort kommt?“, „Wer ist ein Schnell- und wer ein Spätmelder?“
Nur wenn ich von mir ausgehe, kann ich in Begegnung mit anderen Menschen gehen. Denn „Wille der Gruppe“ gibt es in dem Sinne nicht, sondern nur den Willen verschiedener Menschen, die erst durch Austausch eine Entscheidung, einen gemeinsamen Willen finden können.
Ich bin ein Teil der Gruppe und nur starke „Ichs“ können auch zu einem starken „Wir“ werden.

– Von Fritzi und Emil

Kompostklo Workshop

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Schon vor dem eigentlichen Start haben wir eine Woche lang einen „Kompostklo -Workshop“ in Schwäbisch Gmünd besucht, wo wir, zusammen mit vielen anderen, ein Kompostklo-Palast gebaut haben. Ja, einen Palast, denn dieses Kompostklo soll zeigen, dass der menschliche Abfall, eben kein dreckiges „Geschäft“ ist, der hinter verschlossenen Türen in die Untiefen der Kanalisation und aus unserem Bewusstsein fortgespült wird, sondern dass die Wiedereingliederung unseres Abfalls ein notwendiger Teil des biologischen Kreislaufs ist. „Die selbe Liebe, die selbe Zeit und Sorgfalt muss für das was „hinten“ herauskommt aufgewendet werden, wie für das, was „vorne“ hineinkommt“, schreibt Hundertwasser in seinem Manifest Scheißkultur – Die heilige Scheiße „Wir haben Tischgebete vor und nach dem Essen, beim Scheißen betet niemand. […] Scheiße aber ist der Baustein unserer Wiederaufersteheung!“

Wenn wir unsere Fäkalien im Wasserklo vermischen, entsteht daraus „Sondermüll“, der in hochkomplizierten, teuren Kläranlagen nur halbwegs wieder unschädlich gemacht werden kann und Flüsse und Meere verseucht.
Dabei kann die menschliche Scheiße zu wunderbaren, wertvollen Humus umgewandelt werden. Eine Kunst, die unsere Ahnen pflegten und kultivierten. Bevor das aus England kommende Wasserklosett vor über hundert Jahren die europäischen Wasserklos verdrängte, wurde in den Gärten von Paris mehr Gemüse produziert als die Einwohner von Paris verbrauchten ( Ivan Illich, „H²O und die Wasser des Vergessens“). Seit dem Siegeszug der Wasserklos wurden nicht nur Unmengen an Trinkwasser verschwendet und unsere Flüsse vergiftet, sondern auch der Humus geht verloren. Das unglaubliche Potenzial von Scheiße und die Kunst daraus wertvollen Humus zu gewinnen, wird erst in den letzten Jahren durch die „Terra Preta“-Forschung wieder entdeckt.

Ein trauriges Zeugnis dieser verlorenen Kultur ist neben dem Wasserklo auch das Plumsklo. Auch hier werden Kot und Urin vermischt und in der flüssigen Jauche finden ohne genügend Sauerstoff, anerobe, stinkende, giftige Zersetungsprozesse statt. Die Erinnerung an die stinkenden Plumsklos der Großeltern sitzt den meisten Menschen und auch den Behörden noch tief in den Knochen und so denken sie beim Wort Kompostklo an eine stinkene Jauchegrube. Darum merke den wichtigen Grundsatz:

„Ein Kompostklo, das stinkt, ist kein Kompostklo!“

In einem Kompostklo wird der Urin vom Kot getrennt oder von genügend Holzspänen oder Ähnlichem aufgesogen und die Scheiße wird mit viel, viel Luft und Wärme kompostiert, sodass ein leichter Geruch nach Waldboden entsteht.

Wir bauten also, bei Schnee, Regen,  Sonnenschein und echtem Aprilwetter einen gut isolierten und durchlüfteten Tank, bei dem unten die fertig kompostierte Erde durch den Gitterrost fällt und bequem durch eine Klappe entnommen werden kann. Dann soll sie noch zwei bis vier Winter lang durchfrieren, um alle Keime zu töten, bevor sie als Dünger eingesetzt werden kann. Oben drauf bauten wir einen „geodetischen Dom“. Ebenfalls ein nicht ganz unkompliziertes Kunstwerk aus unterschiedlich großen Dreiecken, die sich zu Fünf- und Sechsecken, wie beim Fußball zusammensetzen.
Einziges Trübniss war, dass wir vor der eigentlichen „Einweihung“ Richtung Freiburg starteten.
-von Emil

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