Bericht vom Novembertreffen


von Bastian Reimuth

Von  einer Freundin hatte ich von der Idee eine Wanderuni gehört, mir daraufhin die Website angeschaut und war interessiert. Seit dem Ende meiner Schulzeit im Sommer suchte ich nach einem Bildungsweg, der meinen Bedürfnissen entsprach. Klar war, dass ich nicht wieder Dinge lernen und üben wollte, die ich nicht gerne und mit Begeisterung  lernte und übte, nur um einen Abschluss zu erlangen. So sehr ich mich aber um einen ganz eigenen Bildungsweg  bemühte, es gelang mir nicht so wie ich wollte. Ich verzweifelte, dachte es gäbe für mich doch nur den Weg eines vorgeschriebenen Curriculums, der mir Struktur gäbe. Da las ich die Einladung zu dem Vorbereitungstreffen der Wanderuni und hauptsächlich aus der Sehnsucht heraus, Leute, die ähnlich wie ich denken, zu treffen, beschloss ich, dorthin zu fahren.

An einem windigen Freitagabend gelangte ich zur Heichelheimer Mühle, die etwas außerhalb des Ortes an einem kleinen See liegt. Gemeinsam wurde gekocht und nach dem Essen ein Gesprächskreis abgehalten, in dem wir einander etwas kennenlernten. Ungefähr zehn Menschen waren der Einladung der sechs Teilnehmer des ersten Studienganges gefolgt, zwischen 17 und 27 Jahren alt und aus vielen Gegenden Deutschlands.

Samstag wurde dann gewandert. Unterwegs fanden wir uns in Zweiergruppen zusammen um uns anhand der Methode des Co-Counselling gegenseitig unsere Gedanken und Gefühle zur Idee der „Wanderuni“ mitzuteilen. Auf unserem Weg um die Talsperre Heichelheim brachte uns der Wind dann einen eisigen Regen, dem wir den Rücken zu wandten und umkehrten. Als alle wieder trockene Kleidung trugen, wurde in Zusammenarbeit ein köstliches Mittagessen zubereitet, das wir zusammen mit einigen Bewohnern des Geländes der Mühle zu uns nahmen. Anschließend erfuhren wir Details über die erste Wanderuni und mit einem Mal schien die Idee mir vielfach konkreter. Da wurde mir klar, dass „Wanderuni“ alles andere als ein festgelegtes Programm bedeutet, sondern dass sie lediglich eine Möglichkeit bietet, meine eigenen Ansprüche und Visionen umzusetzen. Begeistert tauschten wir uns danach über unsere individuellen Ideen aus. Ich fühlte, dass etwas entstand.

Zum Beispiel gibt es die Idee, 2016 mehrere Studiengänge mit verschiedenen Schwerpunkten zu gründen, die sich vielleicht treffen.

Es gibt verschiedenste Ansprüche an den zeitlichen Rahmen, einige von uns wollen mehrere Wochen unterwegs sein, andere ein halbes Jahr. Für viele ist die Größe der Gruppe bedeutend: alleine, zu zweit oder zu zehnt? Unter vielem anderen interessieren wir uns für verschiedene meditative Methoden, Körperarbeit, verschiedene Künste und Handwerke.

Auch Kontakte der ersten Wanderuni-Gruppe bieten sich an, zum Beispiel zur Gemeinschaft Tempelhof, zum Zukunftswerk Klein Jasedow und zu einem Trainer für Gewaltfreie Kommunikation, weiter gepflegt zu werden. Über diese Ideen beschlossen wir, bei unserem nächsten Treffen konkreter zu sprechen. Später am Abend sahen wir gemeinsam Fotos des ersten Studienganges an, hörten Musik und tanzten, erzählten und diskutierten.

Ich bin denen, die dieses Treffen initiiert habe, von Herzen dankbar dafür, denn nun weiß ich, dass ich zum Lernen nicht auf ein ergebnisorientiertes System angewiesen bin, sondern dass mir nur eine Gemeinschaft Gleichgesinnter fehlte. Den Dank und meine Zuversicht brachte ich in einem abschließenden Feedback zum Ausdruck, bevor wir uns gemeinsam auf den Weg nach Weimar und nach Hause machten.
Zu Fuß.

 

 

Die Wanderuni lädt ein zum Vorbereitungstreffen für die StudienGänge 2016

P1430205

Wenn du deinen eigenen StudienGang gestalten könntest, wie sähe der aus? Mit welchen Themen wolltest du dich schon immer mal beschäftigen? Welche Orte und Menschen schon immer mal besuchen? Würdest du laufen, radfahren, reiten oder mit einem Schiff um Afrika segeln? Wärst du für zwei Monate unterwegs oder für ein ganzes Jahr? Allein, zu zweit oder in einer Gruppe? Würdest du ganz spontan den jetzigen Interessen und Bedürfnissen folgen oder würdest du ein ausgetüfteltes Konzept entwerfen für ein Wandersemester an deiner Uni, mit Lehrplan, Seminaren, Prüfungen, Credit Points und wissenschaftlicher Begleitung?

Der erste StudienGang der Wanderuni ist nun fast zu Ende. Vor einem halben Jahr sind wir losgezogen, aus der Idee heraus, sechs Monate lang völlig selbstbestimmt wandernd und lernend durchs Land zu ziehen und unseren Interessen zu folgen. Und jetzt schauen wir zurück, erinnern uns, was wir alles erlebt haben und erkennen, dass aus dieser Idee tatsächlich Wirklichkeit geworden ist.
Wir haben im intensiven Kontakt mit der Natur gelebt. Sind durch Wälder gestreift, haben unzählige Male draußen übernachtet, gelernt welche Pflanzen Heilwirkungen haben und Wildkräutersalat gegessen, wenn uns Sonntags das Essen ausgegangen ist. Wir sind einmal quer durch Deutschland gewandert, haben Vertrauen gelernt in die Menschen, die hier leben und die uns immer wieder so herzlich begegnet sind oder uns spontan einen Schlafplatz angeboten und oft morgens sogar noch ein Frühstück serviert haben. Bei all diesen Begegnungen haben wir Einblick gewonnen in verschiedenste Lebensweisen, waren in Ökodörfern und Gemeinschaften, haben in der Scheuen und Klöstern geschlafen und im 5-Sterne Hotel. Wir haben ausprobiert, verworfen, Erfahrungen gesammelt und immer wieder neu probiert, um eine Struktur und Kultur zu finden, die zu uns passt. Um einen guten Ausgleich zwischen Gruppe und Allein-sein zu finden, um Zeiten freizuhalten, an denen wir uns mit unseren individuellen Lernthemen beschäftigen können und um effektiv in der Gruppe arbeiten zu können. Wir hatten Workshops in denen wir z.B. Einblicke in Permakultur bekommen haben oder einen Fahrradbus gebaut haben, mit dem wir dann die nächsten zwei Monate unterwegs waren. Und wir haben erfahren, wie es ist in einer Gruppe zu leben, mit Konflikten umzugehen und dran zu bleiben, auch wenn es nicht immer leicht ist.
Viel mehr können wir noch erzählen, viel mehr war wichtig und diese Erfahrungen und Geschichten sollen zusammenkommen mit den Ideen für die Zukunft.

Darum wollen wir alle Interessierten einladen und im November einen Raum aufmachen, um die nächsten StudienGÄNGE entstehen zu lassen. Einen Raum, in dem sich Gleichgesinnte finden, in dem wir unsere Erfahrungen anbieten und dann ganz neue Ideen und Visionen für die nächsten StudienGÄNGE wachsen können.

Das Treffen findet vom 13.-15. November im Lebenslernort „Mühle am See“ in Heichelheim in der Nähe von Weimar statt. Am Freitag gibt es um 18:00 Uhr Abendessen und danach wollen wir um 19:00 Uhr gemeinsam starten. Am Sonntag wird es bis um ca. 14:00 Uhr gehen.

Bitte bringt Schlafsack und Isomatte mit. Wir werden für uns selber Kochen und für die Kosten ( + evtl. kleine Spende für die Unterkunft) eine Kasse aufstellen, in die jeder seinen Möglichkeiten und Willen entsprechend dazugeben kann. (höchstens ein paar Euro pro Tag)

Bitte schreibt eine kurze Mail an Kontakt@wanderuni.de wenn ihr kommt.

Wir freuen uns auf Euch!

Adresse:
Lebenlernort, Mühle am See
Mühlenweg 1
99439  Heichelheim

P1440476

Universität auf Rädern

Nach dem Funkenwirbelfest ging es bei uns direkt weiter mit der Fahrradbus-Bau-Woche. Ein bisschen Pause nach all dem Trubel hätte uns nicht geschadet, aber die Werkstatt im FEZ war für uns reserviert, Philipp und Diego, die beiden Wokshopleiter waren extra aus Stuttgart angereist und das Material lag bereit und so stürzten wir uns, noch halb in Aufräumarbeiten steckend, in die nächste Arbeit. Von morgens bis spät abends wurde gefeilt, gebohrt, geflext, geschliffen, gesägt, lackiert und nicht nur gut geschweißt, sondern bei der Hitze auch viel geschwitzt. Gegen Ende der Woche standen wir oft bis Mitternacht in der Werkstatt, bevor wir uns im Gewitterregen eine Abkühlung holten. Trotzdem brauchten wir für den Bau zwei Tage länger als geplant, sodass wir erst Mittwoch-Mittag gemeinsam mit unsern Gästen der offenen Woche starten konnten. Noch ein Kurzbesuch bei der Lastenradwerkstatt, durch den Stadtverkehrbis an den Rand von Berlin schlängeln und dann sausten wir auf unserm neuen Gefährt durch die Abendstimmung  Richtung Biesenthal zur Lebensgemeinschaft Wukania. Bisher funktioniert der Fahrradbus einwandfrei und wir sind um einiges schneller unterwegs als zuvor, was es uns ermöglicht mehr interessante Orte zu besuchen. Neben Wukania waren wir letzte Woche auf zwei Permakulturhöfen und bei der Freien Schule Prenzlau. Hier ein paar Fotos:

P1440006P1430800P1430995P1430993 P1430941IMG_6383IMG_6381 P1430957 P1430935 P1430915 P1440018 P1440031 P1440051 P1440086  IMG_6405 IMG_6412

Einladung zum Fahrradbus-Bauworkshop

IMG_89531

Vom 29. Juni bis zum 5. Juli werden wir im FEZ-Berlin einen Fahrradbus bauen, mit dem wir dann unsere Reise fortsetzen.
Zu dieser Bau-Woche wollen wir alle Interessierten einladen. Wir werden gemeinsam flexen, feilen, schweißen, tüfteln und träumen.

Direkt im Anschluss findet dann auch eine offene Woche statt, bei der man uns von Berlin Richtung Ostsee begleiten kann. Den Fahrradbus werden wir in dieser Woche als Begleit- und Gepäckfahrzeug einsetzen, da wir fürs Fahren wahrscheinlich zu viele sein werden.

Der Fahrradbus ist ein Mehrpersonen-Muskelkraftfahrzeug, dass vor einem Jahr von vier jungen Tüftlern entworfen wurde und neue Möglichkeiten einer nachhaltigen Mobilität aufzeigt.
www.Fahrradbus.com
Dank der finanziellen Unterstützung von Engagment Global und der räumlichen Unterstützung vom FEZ-Berlin können wir einen Fahrradbus für die Wanderuni bauen, der nach unserer Tour für weitere Studienfahrten und Bildungsreisen zu Verfügung stehen wird.IMG_9454

Einladung zur offenen Woche

Morgen (Freitag, den 22. Mai) beginnt unsere erste offene Woche. Jetzt wollen wir noch mal ganz spontan alle Interessierten einladen uns zu besuchen und eine Zeit lang mit zu wandern.
Über das Wochenende sind wir in der Funkenflug-Jurte in Schwäbisch Gmünd. Am Montag ist dann eine weitere sehr gute Möglichkeit in Crailsheim (direkt an der A6 und der A7 und mit großem Bahnhof), um zu uns zu stoßen.
Meldet euch für alle weiteren Infos einfach hier: 0160/98690877
IMG_6240

Alexandertechnik Workshop – 21. und 22. April

P1420681
Ich stehe ruhig. Ein kleiner Wind weht von Norden, meine Atmung nimmt den Impuls auf und lenkt den Oberkörper gen Süden. Knie, Hüfte und Fußgelenke fangen die Schwingung auf und führen sie in eine neue Bewegung.
Wir haben unseren Alexandertechnik-Workshop. Gemeinsam mit Guido Ingenday sind wir mitten im Schönbuch, einem riesigen Waldgebiet zwischen Tübingen und Stuttgart.
Bei Alexandertechnik geht es um Bewegung. Und um mehr. Zum Beispiel um die Beweggründe: „Warum bin ich hier? Was ist meine wirkliche Motivation, mein Antrieb, der Beweggrund, warum ich jetzt hier stehe?“ Es geht darum diese innere Kraft, die einen durchstömmt fließen zu lassen.
„Wo kollidiert diese Kraft manchmal mit anderen Dingen? Wo kommt sie ins Stocken?“, sind die nächsten Fragen, die eine Weile „mitgehen“.
Der Körper ist immer in Bewegung, auch wenn er steht oder sitzt. Die Alexandertechnik gibt der Bewegung freien Fluss, in dem sie Versteifungen wahrnimmt, löst und den Fluss nach der Entfesslung zu lenken erlernt. „ Die beste Atmung ist die, die man nicht kontrolliert“.
Und jetzt kommt das Erstaunliche: Wir kontrollieren ohne es zu bemerken. Durch gezielte Übungen und immer wieder auch durch seine Hände, die unseren Kopf führen, lenkt Guido die Aufmerksamkeit auf diese Stellen, an denen unsere Muskeln, ohne das wir es bemerken unnötige Arbeit leisten. „Alexandertechnik nimmt die Ziegelsteine weg, die wir unbewusst mit uns herumschleppen.“
„Wir brauchen die Schultern nicht zum stehen.“ Dass dieser Satz nicht so banal ist, wie er klingt wird mir erst bewusst, als mir Guido in verschiedenen Situatonen immer wieder durch Übungen bewusst macht, dass ich die Schultern unbewusst anspanne.

Wir lernen trotz Rucksack einen aufgerichteten Gang. Das Gewicht liegt auf der Hüfte, die Wirbelsäule streckt sich in ihrer verlängerung zum Himmel und der Kopf sitzt frei beweglich oben drauf. Die Arme können spannungslos neben dem Körper hängen und den Gang beschwingen. Auch die Beine können entspannt und weich bleiben, denn der Rumpf ist der eigentliche Gewichtsträger.
Der Rucksack ist kein Fremdkörper, sondern unser wärmendes Fell und nährendes Gut. Er wird zu unserem Eigengewicht und wir können lernen, mit ihm zu verschmelzen und mit ihm wie eine galante 100 kg Tänzerin von Stein zu Stein zu springen.
Wir achten darauf, das Gewicht auf der Hüfte zu tragen, einen wärmenden und nährenden Schwimmring. Ein Gurt über der Brust befreit die Schultern von der Last.
Unsere Gelenke können nicht einrasten. Wir machen unsere Gelenke, unseren Stand, unseren Gang wieder durchlässig für die Bewegung. Wir gehen gerade und aufrecht, mit federnden Knien, beweglicher Hüfte, entspannten Knöcheln. Die Arme schwingen leicht.

„Nicht korrigieren, sondern einfach nur wahrnehmen und experimentieren und dann nach und nach das Unnötige loslassen.“ Einfach, ist leicht gesagt, denn es geht schließlich um die Haltung, die innere, wie die äußere und die zu ändern braucht Zeit. Schon kurz nach den Übungen falle ich immer wieder in die alten Gewohnheiten. Spanne irgendwo etwas an, was ich nicht brauche.
Wenn ich Impulsen nicht folge, stauen sie sich auf. Um meine Authenzität zu wahren, nicht das Gefühl zu haben, dass innen und außen nicht übereinstimmen, drücke ich zurückgehaltenen Impulse weiter nach unten: Ins Unterbewusste, Unbewusste und schließlich in den Körper. Dort machen sie sich dann breit: Wütende, wachsende Mengen, die meinen Energiefluss verstopfen. So verliere ich den Bezug zu mir selbst, zu Freiheit und Kreativität. Zum Lebensfluss.
Darum geben wir uns die Erlaubnis, Impulsen zu folgen. Ich möchte das, was ich fühle mir und meinem Gegenüber zumuten können. Darauf vertrauen, dass er ebenso umsichtig mit seinen Impulsen umgeht und sie wiederum mir anvertraut und anvertrauen kann. Möchte ich ein Gefühl in all seiner Grobheit und Ungehemmtheit frei lassen, ohne in eine tatsächliche Auseinandersetzung gehen zu wollen, kann ich in den Wald schreien. Das Vertrauen bedingt die Ehrlichkeit und die Ehrlichkeit bedingt das Vertrauen. Für unsere kleine intensive Gruppe ist es mir wichtig, beides in Fluss zu bringen und mal mehr und mal weniger behutsam dort zu halten.

Den zweiten Tag verbringen wir mit Guido in einem Stuttgarter Park. Als eine Horde kleiner Kinder uns mitten im Gespräch unterbricht und uns um einen Gefallen bittet, wird danach die Gelegenheit genutzt und reflektiert: „ Wie hat jeder einzelne von uns sich gerade geleitet und wie entscheiden wir gemeinsam?“ „Treffe ich einfach Entscheidungen, ohne die Gruppe zu fragen?“, „Gebe ich die Verantwortung ab und warte, dass andere entscheiden?“, „Kommuniziere ich meinen Standpunkt?“, „Bin ich sauer, weil von den anderen kein Wort kommt?“, „Wer ist ein Schnell- und wer ein Spätmelder?“
Nur wenn ich von mir ausgehe, kann ich in Begegnung mit anderen Menschen gehen. Denn „Wille der Gruppe“ gibt es in dem Sinne nicht, sondern nur den Willen verschiedener Menschen, die erst durch Austausch eine Entscheidung, einen gemeinsamen Willen finden können.
Ich bin ein Teil der Gruppe und nur starke „Ichs“ können auch zu einem starken „Wir“ werden.

– Von Fritzi und Emil

Kompostklo Workshop

11100808_488444524654095_539543115892698687_n

Schon vor dem eigentlichen Start haben wir eine Woche lang einen „Kompostklo -Workshop“ in Schwäbisch Gmünd besucht, wo wir, zusammen mit vielen anderen, ein Kompostklo-Palast gebaut haben. Ja, einen Palast, denn dieses Kompostklo soll zeigen, dass der menschliche Abfall, eben kein dreckiges „Geschäft“ ist, der hinter verschlossenen Türen in die Untiefen der Kanalisation und aus unserem Bewusstsein fortgespült wird, sondern dass die Wiedereingliederung unseres Abfalls ein notwendiger Teil des biologischen Kreislaufs ist. „Die selbe Liebe, die selbe Zeit und Sorgfalt muss für das was „hinten“ herauskommt aufgewendet werden, wie für das, was „vorne“ hineinkommt“, schreibt Hundertwasser in seinem Manifest Scheißkultur – Die heilige Scheiße „Wir haben Tischgebete vor und nach dem Essen, beim Scheißen betet niemand. […] Scheiße aber ist der Baustein unserer Wiederaufersteheung!“

Wenn wir unsere Fäkalien im Wasserklo vermischen, entsteht daraus „Sondermüll“, der in hochkomplizierten, teuren Kläranlagen nur halbwegs wieder unschädlich gemacht werden kann und Flüsse und Meere verseucht.
Dabei kann die menschliche Scheiße zu wunderbaren, wertvollen Humus umgewandelt werden. Eine Kunst, die unsere Ahnen pflegten und kultivierten. Bevor das aus England kommende Wasserklosett vor über hundert Jahren die europäischen Wasserklos verdrängte, wurde in den Gärten von Paris mehr Gemüse produziert als die Einwohner von Paris verbrauchten ( Ivan Illich, „H²O und die Wasser des Vergessens“). Seit dem Siegeszug der Wasserklos wurden nicht nur Unmengen an Trinkwasser verschwendet und unsere Flüsse vergiftet, sondern auch der Humus geht verloren. Das unglaubliche Potenzial von Scheiße und die Kunst daraus wertvollen Humus zu gewinnen, wird erst in den letzten Jahren durch die „Terra Preta“-Forschung wieder entdeckt.

Ein trauriges Zeugnis dieser verlorenen Kultur ist neben dem Wasserklo auch das Plumsklo. Auch hier werden Kot und Urin vermischt und in der flüssigen Jauche finden ohne genügend Sauerstoff, anerobe, stinkende, giftige Zersetungsprozesse statt. Die Erinnerung an die stinkenden Plumsklos der Großeltern sitzt den meisten Menschen und auch den Behörden noch tief in den Knochen und so denken sie beim Wort Kompostklo an eine stinkene Jauchegrube. Darum merke den wichtigen Grundsatz:

„Ein Kompostklo, das stinkt, ist kein Kompostklo!“

In einem Kompostklo wird der Urin vom Kot getrennt oder von genügend Holzspänen oder Ähnlichem aufgesogen und die Scheiße wird mit viel, viel Luft und Wärme kompostiert, sodass ein leichter Geruch nach Waldboden entsteht.

Wir bauten also, bei Schnee, Regen,  Sonnenschein und echtem Aprilwetter einen gut isolierten und durchlüfteten Tank, bei dem unten die fertig kompostierte Erde durch den Gitterrost fällt und bequem durch eine Klappe entnommen werden kann. Dann soll sie noch zwei bis vier Winter lang durchfrieren, um alle Keime zu töten, bevor sie als Dünger eingesetzt werden kann. Oben drauf bauten wir einen „geodetischen Dom“. Ebenfalls ein nicht ganz unkompliziertes Kunstwerk aus unterschiedlich großen Dreiecken, die sich zu Fünf- und Sechsecken, wie beim Fußball zusammensetzen.
Einziges Trübniss war, dass wir vor der eigentlichen „Einweihung“ Richtung Freiburg starteten.
-von Emil

 11035974_469693326529215_1139247752691418541_n

 

11046216_469686833196531_6670586931939434563_o